Hufrollenentzündung (Podotrochlose)

Zur Hufrolle des Pferdes, die es sowohl an den Vorderbeinen (hier häufiger) als auch an den Hinterbeinen gibt, gehören anatomisch betrachtet mehrere Bestandteile. Dazu zählen das Strahlbein (Teil des Hufgelenks, rollenförmiger Knochen zwischen Kronbein und Hufbein) und dessen Aufhängebänder, die tiefe Beugesehne und der Schleimbeutel, der sich zwischen Strahlbein und Sehne befindet. Bei der Hufrollenentzündung oder auch Podotrochlose handelt es sich um eine chronisch fortschreitende Entzündung, wobei die Bestandteile der Hufrolle Abnutzungserscheinungen aufweisen. Umgangssprachlich wird die Hufrollenentzündung oft auch einfach nur als Hufrolle bezeichnet.

Üblicherweise nimmt die Hufrollenentzündung einen schleichenden und allmählichen Verlauf, wobei plötzlich auftretendes Lahmen des Pferdes allerdings nicht ausgeschlossen werden kann. Von der Hufrollenentzündung betroffen sind in der Regel fast ausschließlich Reitpferde und Springpferde zwischen dem sechsten und achten Lebensjahr. Auch Westernpferde wie das American Quarter Horse sind häufig von der Hufrollenerkrankung betroffen. Bei Trabern und Galoppern tritt die Podotrochlose hingegen nur äußerst selten auf.

Entstehung der Hufrollenentzündung

Hinsichtlich der Entstehung der Hufrollenentzündung bestehen verschiedene Theorien. Eine häufige Ursache sind andauernde statisch-mechanische Fehlbelastungen des hinteren Hufabschnittes. Hervorgerufen werden können diese beispielsweise durch einen fehlerhaften oder nicht sachgemäßen Beschlag der Hufe. Die Hufrollenregion muss fortwährend die einwirkenden Zugkräfte und Druckkräfte auffangen und passt sich den oft ändernden statisch-mechanischen Einflüssen an. Das Strahlbein reagiert auf die Dauer mit Umbauprozessen, was im weiteren Verlauf Defekte am Strahlbein zur Folge haben kann.

Die Podotrochlose soll zudem durch eine mangelhafte Durchblutung und etwaige Störungen in der Durchblutung des Hufrollenbereichs begünstigt werden.

Fachleute vermuten außerdem, dass die Veranlagung für die Entstehung einer Hufrollenentzündung erblich weitergegeben wird. So können bei einzelnen Hengstlinien vermehrte Fälle von Podotrochlose festgestellt werden.

Was passiert bei einer Hufrollenentzündung im Pferdebein?

Zunächst liegt meist eine Entzündung des Hufrollenschleimbeutels vor. Nach und nach wird auch die glatte Knorpelschicht des Strahlbeins von der Entzündung angegriffen. Die Knorpelschicht dient normalerweise als Gleitstrecke für die Beugesehne des Hufbeins. Immer wiederkehrende Entzündungen und damit einhergehende Knochenauftreibungen zerstören schließlich die Knorpelschicht, wodurch auch die Gesundheit der Beugesehne zunehmend beeinträchtigt wird.

Symptome der Podotrochlose

Bei über 50% der Pferde, die an Hufrollenentzündung erkranken, tritt die Krankheit an beiden Vorderbeinen auf. Dabei zeigt sich das Vorliegen der chronisch-degenerativen Erkrankung weniger in einer Lahmheit und mehr in einer Bewegungsstörung. Betroffene Pferde zeigen einen klammen, stumpfen und gebundenen Gang. Bei Wendungen ist deutlich ersichtlich, dass die Pferde große Schmerzen haben. Auch Stolpern kann oft bei Pferden mit Hufrollenentzündung beobachtet werden. Bei betroffenen Springpferden kann sich die Krankheit in gelegentlichem Verweigern vor den Hindernissen oder einer steigenden Anzahl von Springfehlern zeigen.

Wenn die Krankheit noch nicht weit fortgeschritten ist, laufen sich warm gerittene Pferde ein, wobei sich die Dauer dieser Einlaufphase jedoch stetig erhöht. Betroffene Pferde setzen die Vorderhufe im Ruhezustand oder in der Box ungewöhnlich weit nach vorne und entlasten die Hufe abwechselnd.

Falls ein Vorderbein stärker von der Hufrollenentzündung betroffen ist als das andere, kann auch der Laie die Lahmheit des Pferdes besser erkennen.

Liegt ein schwerwiegender Fall der Hufrollenentzündung vor, belastet das Pferd die Trachten, die hauptsächlich betroffen sind, deutlich weniger. Das Pferd belastet den vorderen Teil des Hufes stärker, wodurch es insgesamt steiler steht. Auf diese Weise kann es zur Ausbildung von Trachtenzwangshufen kommen. Bei Trachtenzwangshufen sind die Trachten verengt und erhöht.

Untersuchung durch den Tierarzt

Es gibt verschiedene Verfahren, die der Tierarzt zur Diagnose einer Hufrollenentzündung einsetzen kann. Eine übliche Methode ist eine Kombination aus Leitungsanästhesie und Vortraben auf hartem Boden. Dabei wird die Hufrollenregion des Pferdes örtlich durch den Tierarzt betäubt, bevor das Pferd vorgeführt wird. Wenn das Pferd dabei nicht lahmt oder deutlich besser geht, kann der Tierarzt die Ursache für die Schmerzen auf die Hufrolle eingrenzen. Liegt ein klassischer Fall vor, wo beide Vordergliedmaßen des Pferdes von der Hufrollenentzündung betroffen sind, verhält es sich bei dieser Untersuchung meist so, dass sich die Lahmheit nun beim nicht betäubten, betroffenen aber weniger erkrankten Vorderbein zeigt.

Eine weitere Methode ist die so genannte Keilprobe. Bei der Keilprobe wird der betroffene Huf des Pferdes auf einen Keil gestellt, wobei die Zehe auf dem dickeren Ende untergebracht wird. Nun nimmt man den anderen Huf auf, was zu einer Überstreckung der Beugesehne führt. Ein von Hufrollenentzündung betroffenes Pferd wird anfangen zu rebellieren und man kann deutlich erkennen, dass das Pferd Schmerzen hat. Bei einem gesunden Pferd verursacht die Keilprobe in der Regel keinerlei Effekt.

Unerlässlich sind Röntgenaufnahmen, worauf Veränderungen am knöchernen Strahlbein für den Tierarzt erkennbar werden.

Behandlung der Hufrollenentzündung

Wenn eine Hufrollenerkrankung mit Veränderungen am Knochen besteht, ist eine Heilung nicht möglich. Allerdings gibt es jedoch wie bei Spat verschiedene Behandlungsmethoden, die zur Unterbindung der Schmerzen, die die Lahmheit verursachen, dienen. Dabei geht es in erster Linie darum, dass Pferd wieder „verwendbar“ zu machen und diesen Zustand über möglichst lange Zeit zu halten.

Krankhafte Veränderungen, die bereits durch die Podotrochlose entstanden sind, bleiben aber in den überwiegenden Fällen trotz Behandlung bestehen und neigen eher zu einem weiteren Fortschreiten.

Als konservative Methode zur Therapie werden dem Pferd allgemein oder lokal Präparate zur Entzündungshemmung verabreicht und Substanzen eingesetzt, die die Durchblutung fördern sollen.

Der Hufschmied spielt neben dem Tierarzt bei der Behandlung einer Hufrollenentzündung ebenfalls eine wichtige Rolle. Er muss durch seine Arbeit für eine Entlastung der tiefen Beugesehne, ein erleichtertes Abrollen am Ende der Stützbeinphase, eine Reduzierung der enormen Belastung des hinteren Hufbereichs und eine Förderung des natürlichen Hufmechanismus Sorge tragen. Wenn das Pferd beschlagen wird, haben sich bei Hufrollenentzündung so genannte Eiereisen (egg bar shoes) bewährt. Eiereisen sind geschlossen, weisen eine starke Zehenrichtung auf, unterstützen durch den hinteren Steg den Trachtenbereich und die Hufrolle und entlasten die Beugesehne. Alternativ bieten sich auch die so genannten Herzeisen an, die ebenfalls die Fläche für die Lastaufnahme im hinteren Hufbereich erweitern. Herzeisen sind nach hinten nicht so ausgeprägt verlängert wie die Eiereisen und werden deshalb nicht so schnell abgetreten. Eine dauerhafte Hochstellung der Trachten sorgt für eine Entlastung von Beugesehne und Strahlbein, hierzu setzt der Hufschmied Kunststoffunterlagen mit keilförmigen Trachten ein.

Wenn konservative Therapien keine oder nicht ausreichende Heilungserfolge erreichen, bleibt noch die Durchführung eines Nervenschnitts. Durch einen Nervenschnitt können lediglich die Schmerzen dauerhaft beseitigt werden. Die krankhaften Veränderungen am Strahlbein nehmen jedoch eher schneller ihren Lauf, da das Pferd ohne Schmerzen keine Rücksicht mehr auf die Erkrankung nimmt und unbedacht läuft. Für den Nervenschnitt ist eine Vollnarkose des Pferdes notwendig. Bei der Operation wird ein kleiner Nervenast entfernt, wozu verschiedene Verfahren zur Verfügung stehen. Pferde, bei denen ein Nervenschnitt vorgenommen wurde, sind in Deutschland nicht mehr zum Turniersport zugelassen. Allerdings gibt es aktuell noch keine ausreichenden Kontrollmethoden zur Überprüfung.

Strahlbeinentzündung beim Pferd – Ositis

Bei der Strahlbeinentzündung – auch: Ositis – handelt es sich um ein Stadium in der Entwicklung der Hufrollenerkrankung. Die Entzündung des Strahlbeins äußert sich in ähnlichen Symptomen wie Hufrolle. Zur Behandlung einer Ositis werden deshalb die gleichen Maßnahmen wie zur Behandlung der Hufrollenentzündung ergriffen.

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