Das endokrine System des Pferdes / Hormonsystem

Bei einem Hormon handelt es sich um einen chemischen Botenstoff, der von einer Hormondrüse (auch: endokrinen Drüse) des Pferdekörpers in den Kreislauf ausgeschüttet wird. Der Blutstrom transportiert das Hormon zu den angesprochenen Zellen, die spezielle Rezeptoren für die für sie gedachten Nachrichten aufweisen.

Durch die Anbindung von Hormonmolekülen an Rezeptoren kommt es zur Auslösung einer Reaktion. Sinkt zum Beispiel der Blutdruck des Pferdes beispielsweise als Folge einer Blutung, wird von der Hirnanhangdrüse ein Hormon mit dem Namen Antidiuretisches Hormon – kurz: ADH – ausgeschüttet, das Einfluss auf die Nieren nimmt und sie dazu veranlasst, mehr Wasser zu absorbieren und so einen stärker konzentrierten Urin zu produzieren, um auf diese Weise einen weiteren Verlust von Flüssigkeit zu verhindern.

Es gibt Parallelen zwischen dem Hormonsystem bzw. endokrinen System und dem Nervensystem des Pferdes. Beide Körpersysteme leiten Nachrichten weiter, die von einem Reiz ausgelöst werden und Reaktionen hervorrufen. Nervenimpulse können jedoch deutlich schneller weitergeleitet werden als Stoffe, die mit dem Blut transportiert werden, weshalb auch die Reaktionen des Nervensystems des Pferdes schneller sind.

Die Reaktionen des Hormonsystems halten im Gegensatz zu den Reaktionen des Nervensystems jedoch deutlich länger an, da vom Pferdekörper eine gewisse Zeit benötigt wird, um die Hormone aufzuspalten und auszuscheiden. Bei den Nervenreaktionen handelt es sich hingegen um sehr kurzlebige. So ist ein Muskelzucken im Bruchteil einer Sekunde vorbei.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen dem Hormonsystem und dem Nervensystem des Pferdes besteht darin, dass die Weiterleitung von Nervenimpulsen an bestimmte Ziele erfolgt, während die Hormone durch den ganzen Pferdekörper zirkulieren und dabei verschiedene Zielorgane in unterschiedlichen Bereichen des Körpers ansprechen können.

Im Pferdekörper gibt es viele verschiedene Quellen für Hormone und Hormondrüsen. Es gibt dabei Drüsen, die Hormone ausschütten, wenn eine einfache Veränderung des Gehalts einer bestimmten Substanz in der umgebenden Flüssigkeit vorliegt. Andere Drüsen schütten Hormone als Reaktion auf Signale des Nervensystems aus. Bei manchen Organen ist die Bildung von Hormonen die Hauptfunktion. Dazu zählen die Hirnanhangdrüse, die Zirbeldrüse oder die Schilddrüse. Bei wieder anderen Organen liegt eine Kombination aus Hormonfunktionen mit anderen, verwandten Funktionen vor. In diese Kategorie fallen die Bauchspeicheldrüse, die Eierstöcke und die Plazenta bei der Stute, die Hoden beim Hengst. Und dann gibt es noch Organe im Pferdekörper, die neben ihrer vollkommen anders ausgerichteten Hauptfunktion noch zusätzlich zur Hormonproduktion in der Lage sind. Zu dieser Gruppe gehören die Nieren, die Leber, die Schilddrüse, das Herz und der Verdauungsapparat des Pferdes.

Häufig wird die Hirnanhangdrüse als Hauptdrüse des endokrinen Systems bezeichnet, da viele der Hormone der Hirnanhangdrüse zur Steuerung der Aktivitäten anderer Hormondrüsen im Pferdekörper dienen. Bei der Hirnanhangdrüse handelt es sich, wie der Name schon zum Ausdruck bringt, um einen Anhang des Gehirns, der sich unterhalb des Hypothalamus befindet, wo er an einem Strang, der dünne Nervenfasern und kleine Blutgefäße beinhalten, aufgehängt ist.

Die gemeinsamen Aktivitäten von sympathischem Nervensystem und Adrenalindrüsen macht die enge Verbindung zwischen endokrinem System und Nervensystem deutlich. Kommt es zu Stresssituationen, wo das Pferd die Flucht oder den Kampf antreten muss, kommt es zur Stimulation des kompletten sympathischen Nervensystems. In der Folge zeigen sich ein schneller Puls und ein erhöhter Blutdruck. Die Herzleistung des Pferdes wird gesteigert und der Blutfluss zu den Skelettmuskeln wird auf Kosten der Durchblutung von Verdauungsorganen und Haut erhöht. Der mittlere Teil der Adrenalindrüsen – das Nebennierenmark – schüttet das Hormon Adrenalin aus, das in seiner chemischen Zusammensetzung eine sehr starke Ähnlichkeit mit dem Noradrenalin aufweist, das an den Enden sympathischer Nerven produziert wird. Adrenalin ruft die gleichen Reaktionen wie Impulse in den sympathischen Nerven hervor und sorgt zusätzlich für eine deutliche Erhöhung der Stoffwechselrate. Der gemeinsam erzielte Effekt von Hormonsystem und Nervensystem besteht also darin, den Pferdekörper auf eine Notfallsituation einzustellen.