Blutegeltherapie für Pferde
Der Speichel der Blutegel enthält verschiedene gerinnungshemmende Substanzen, was dazu führt, dass das Blut aus den kleinen Wunden, die durch den Biss der Blutegel entsteht, in feinen Rinnsalen hinausläuft. Eine dieser Substanzen ist das Hirudin, das zusätzlich zu seiner gerinnungshemmenden Wirkung auch noch antibiotisch wirkt.
Durch den Speichel der Blutegel wird außerdem der Lymphstrom im Pferdekörper beschleunigt. Gestaute Entzündungsregionen werden entstaut und entschlackt, was zu einen schmerzlindernden Effekt zur Folge hat.
Im Anschluss an den Saugeprozess der Blutegel setzt eine Nachblutung ein. Diese Sickerblutung kann sich beim Pferd über einen Zeitraum von circa 12 Stunden erstrecken und ist wichtiger Bestandteil der Blutegeltherapie. Durch das Nachbluten wird die Wunde gereinigt und die heilende Effekt durch die weitere Entstauung erhöht. Aus diesem Grund sollte die Nachblutung im Idealfall nicht unterbrochen werden.
Die Blutegeltherapie bietet gegenüber medikamentösen Behandlungsformen den Vorteil, dass es zu keiner zusätzlichen Belastung für die inneren Organe des Pferdekörpers (Leber, Herz, Nieren) kommt. Deshalb ist die Behandlung mit Blutegeln auch eine gute Alternative zu einer medikamentösen Therapie bei Pferden im fortgeschrittenen Alter.
Blutegeltherapie für Pferde: Anwendungsgebiete
Die Blutegeltherapie wird bei Pferden in erster Linie zur Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates (akute Hufrehe, Fesselträgerentzündungen, Arthritis, Arthrose, Kniegelenksathrosen, Spat, Schultergelenkserkrankung (Omarthrose), Hufrollenentzündung (Podotrochlose), Schale, Gelenkgallen, Sehnenentzündung (Tendinitis)) eingesetzt. Außerdem findet die Blutegeltherapie bei Pferden zur Behandlung von Satteldruck, Abszessen, Furunkeln/Karbunkeln, zur Schmerzlinderung und zur Entzündungshemmung Anwendung. Als unterstützende Maßnahme kann die Therapie mit Blutegeln darüber hinaus zur Behandlung von Hämatomen (Blutergüssen) oder schlecht heilenden Wunden sinnvoll sein.
Für die Anwendung der Blutegeltherapie bei Pferden sind Einfühlungsvermögen und Geduld gefragt. Sie sollten sich für eine derartige Therapie auf jeden Fall fachkundige Unterstützung holen.
Blutegeltherapie für Pferde: Ablauf
Bevor die Blutegel am Pferd angesetzt werden, wird die ausgesuchte Biss-Stelle rasiert und mit klarem Wasser gesäubert. Auf diese Weise kann der Blutegel bzw. können die Blutegel nachher leichter „anbeißen“.
Nach dem Ansetzen sucht der Blutegel mit seinem hinteren Saugnapf Halt, bevor er mit seinem vorderen Saugnapf nach einer geeigneten Stelle zum Saugen sucht. Wenn der Blutegel eine passende Stelle gefunden hat, beißt er sich mit seinen drei sternförmig angeordneten Sägeleisten, die über winzigkleine Kalkzähne verfügen, in die Pferdehaut. Danach beginnt der Egel seine Mahlzeit und trinkt vom Pferdeblut.
Der Biss des Blutegels bereitet dem Pferd keine übermäßigen Schmerzen. Er kann ungefähr mit einem Insektenstich gleichgesetzt werden. Wenn der Egel sich einmal festgebissen hat, spürt das Pferd davon beinahe nichts mehr, weshalb das Saugen der Blutegel während der Behandlung in der Regel gut von den Pferden toleriert wird.
Es dauert circa eine halbe Stunde bis der Blutegel sich am Pferdeblut sattgefressen hat. Dann lässt er sich einfach fallen. Ein Blutegel nimmt während der halbstündigen Mahlzeit bis zu 15 Milliliter Blut zu sich.
Damit sich die Bisswunden nach dem Abfallen der Blutegel nicht infizieren, legt man im Anschluss an die Behandlung einen Verband an.
Blutegeltherapie für Pferde: Das ist zu beachten!
Die Blutegeltherapie sollte bei Pferden, die an schwerer Anämie, Störungen der Wundheilung oder Immunschwäche leiden, nicht durchgeführt werden. Auch bei Pferden, die mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden, ist von einer Blutegeltherapie abzusehen.
Der Blutegel
Der Blutegel hat einen dunkelgrünen Rücken, der an beiden Seiten mit je drei bräunlichen Längsstreifen versehen ist. Sein Körper ist insgesamt abgeflacht und setzt sich aus 33 Segmenten zusammen. Im Querschnitt ist der Blutegel oval, wobei er sich an beiden Körperenden verringert. Der Blutegel verfügt an beiden Enden seines Körpers über Saugnäpfe, wobei er den Saugnapf am Hinterleib lediglich zum Festhalten benötigt. Der vordere Saugnapf beherbergt die Mundöffnung des Egels. Blutegel haben im Mund drei Kiefer, die mit etwa 80 winzigen Kalkzähnen ausgestattet sind.
Normalerweise hat der Blutegel seinen Lebensraum in langsam fließenden Gewässern mit konstant bleibemdem Wasserpegel oder in flachen Teichen. Die Blutegel, die zur Therapie eingesetzt werden, stammen aus deutschen oder türkischen Zuchten, die streng überwacht werden.
Bei den Blutegeln handelt es sich um relativ sensible Tiere. Deshalb sollte man sehr sorgfältig mit ihnen umgehen und unbedingt Lärm, grelle Lichteinwirkung, heftige Erschütterungen sowie große Kälte vermeiden. „Überreizte“ Blutegel neigen dazu, auf die Nahrungsaufnahme zu verzichten, was die Durchführbarkeit der Blutegeltherapie beeinträchtigen kann.
Nach seinem therapeutischen Einsatz hat der Blutegel seine Bestimmung erfüllt. Er wird kein zweites Mal für die Blutegeltherapie eingesetzt. Die Blutegel werden nach der Therapie abgetötet, indem sie bei -18 Grad Celsius schockgefroren oder in hochprozentigem Alkohol (bspw. Spiritus) eingelegt werden. Die Abtötung verwendeter Blutegel ist gesetzlich vorgeschrieben. Früher (vor August 2008) gab es aber auch so genannte Rentnerteiche für Blutegel. Dabei handelte es sich um Teiche, wo die Blutegel nach erfolgreicher Mission ausgesetzt wurden, um bis zu ihrem natürlichen Tod ihrem „normalen“ Leben nachzugehen.